Nachhaltigkeitscampus

Nachhaltigkeit am Campus Klein-Altendorf

2010 begann der Ausbau von Klein-Altendorf zum Campus Klein-Altendorf (CKA). Prof. Pude hat als CKA-Geschäftsführer und Lehrstuhlinhaber von Anfang an sehr konsequent viele seiner Forschungsarbeiten direkt vor Ort in die Praxis umgesetzt. So wurde der CKA 2013 als „Ort des Fortschritts NRW“ und 2016 als „KlimaExpo NRW-Standort“ ausgezeichnet. Innovative Konzepte für Infrastruktur und Arbeitsprozesse werden weiterhin erforscht und auch angewandt und so der Campus nach und nach zu mehr Nachhaltigkeit weiterentwickelt. Einige Beispiele werden im Folgenden vorgestellt.

Moderne Gewächshäuser

Das neue, 5.000 m² Gewächshaus wurde mit Gläsern aus der Solarindustrie eingedeckt, um zunächst einmal grundsätzlich möglichst wenig an Energie zu benötigen.

Zusätzlich wird für die Heizung der Gewächshäuser am Campus anfallende Biomasse (alte Obstbäume) verwendet, sodass die benötigte Energie durch Campus eigene Ressourcen gedeckt werden kann.

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© Volker Lannert
Eine Wissenschaftlerin und ein Wissenschaftler arbeiten hinter einer Glasfassade und mischen Chemikalien mit Großgeräten.
© Volker Lannert

Solare Trocknung

Nach der Ernte sind die geschredderten Obstbaumstücke noch nass. Um diese für eine Verwendung als Brennstoff zu trocknen, wurde ein solarer Trockner entwickelt. Dieser besitzt einen senkrechten Turm, der über die Sonneneinstrahlung erwärmt wird. Die warme Luft nimmt die Feuchtigkeit des darunter gelagerten Holzes auf und transportiert sie hinaus. Dadurch ist sogar eine Trocknung über Winter möglich.

Biomasseheizung

Die 450 kW Biomasseheizung wird mit am Campus produzierten Rohstoffen befeuert. Verwendet werden wahlweise mit Miscanthus oder geschredderte Apfelbäume (2 ha Rodung/Jahr). Üblicherweise würden Obstbäume nach ihrer Nutzungszeit in der Plantage dort verbrannt und die darin enthaltene Energie ungenutzt bleiben. Durch die Biomasseheizung kann wertvolle Wärme gewonnen werden, die für die Beheizung der Gewächshäuser genutzt wird. Die anfallende Asche wird anschließend zur Düngung oder zur Baustoffentwicklung verwendet.

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© INRES Nawaro
Eine Wissenschaftlerin und ein Wissenschaftler arbeiten hinter einer Glasfassade und mischen Chemikalien mit Großgeräten.
© INRES Nawaro

"Nachwachsende" Substrate

In der Gewächshaus-Versuchsanlage wurden die hohen jährlichen Entsorgungskosten von 3.000 € für das Kulturmedium Grodan mittlerweile komplett durch Substrate auf NaWaRo-Basis (Miscanthus) ersetzt. Dadurch lässt sich die Produktion von Tomaten, Gurken und Erdbeeren innovativ und nachhaltig gestalten.

Kaskadennutzung

Ziele der Forschung an Nachwachsenden Rohstoffen sind Ressourcenschonung und Nachhaltigkeit. Dazu trägt bei, dass Pflanzen und die daraus entstehenden Produkte nicht nur für den einmaligen Gebrauch angebaut und verarbeitet werden, sondern mehrfach genutzt werden können.

Ein Beispiel ist die Nutzung von alten Obstbäumen oder gebrauchtem Miscanthussubstrat als Brennmaterial zur Wärmegewinnung für die Gewächshäuser. Oder die Nutzung von Tomatenstängeln für die Papierherstellung.

Am Beispiel Miscanthus wird deutlich, welche vielfältigen Wege das Material nehmen kann bevor es schlussendlich der Energiegewinnung dient oder in Baustoffen langfristig konserviert wird (s. Bild). So erfüllt Miscanthus bereits auf dem Feld wichtige Ökosystemfunktionen, kann anschließend als Einstreu oder Pflanzsubstrat genutzt und mehrmalig wiederverwendet werden, bevor es über Bioraffinerien, die Papierindustrie weiterverarbeitet wird und abschließend zum Heizen oder in der Bauindustrie verwendet wird. 

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© Thorsten Kraska
Eine Wissenschaftlerin und ein Wissenschaftler arbeiten hinter einer Glasfassade und mischen Chemikalien mit Großgeräten.
© Martin Höller

Nachhaltige Verpackungen

Der Campus Klein-Altendorf verfügt über ein Papier-Labor, in dem an der Entwicklung von pflanzenbasiertem Papier und Verpackungen geforscht wird. Beispielsweise wurde bereits erfolgreich Graspapier oder Papier aus Silphie hergestellt und bereits im Einzelhandel als Verpackung eingesetzt.

Auch im Hinblick auf die Verwertung von bisherigen Abfallprodukten kann die Verwertung als Verpackung eine nachhaltige Alternative darstellen, beispielsweise wurden die Stängel von geernteten Tomaten verwendet, um Tomaten-Papier herzustellen

Baustoffe

Leichtbeton aus Miscanthus wurde von Prof. Pude entwickelt und bekam bereits 2002 den NRW Award. Mittlerweile gibt es erste Siedlungen aus Miscanthushäusern in der Schweiz und in Luxemburg. Der nächste Schritt der Forschung liegt aktuell darin, den im Beton verwendeten Zement durch nachhaltigere Alternativen zu ersetzen, woran bereits am CKA gearbeitet wird (Projekt HydroPhiber).

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© Julian Weber
Eine Wissenschaftlerin und ein Wissenschaftler arbeiten hinter einer Glasfassade und mischen Chemikalien mit Großgeräten.
© INRES Nawaro

Hochleistungsdämmputz

In einem jüngst abgeschlossenen BMWI-Projekt wurde ein Hochleistungsdämmputz auf Basis von Miscanthus entwickelt und dieses Verfahren wurde sogar erfolgreich patentiert. Mittlerweile wurde eine campuseigene Kühlraumwand mit diesem Putz isoliert und eingebaute Sensoren beobachten den Temperaturverlauf in einem Langzeitversuch.

CO2 langfristig binden

Basis für alle Entwicklungen sind schnellwachsende sogenannte low-input Pflanzen.

Diese Pflanzen zeichnen sich durch die Fähigkeit aus, große Mengen CO2 im Boden und in der Biomasse zu speichern (Miscanthus ca. 30 t CO2 pro Jahr). Die Mehrjährigkeit von Miscanthus, Silphie und Co. ermöglicht darüberhinaus diese Kohlenstoff-Anreicherung jährlich zu wiederholen. Auch schnell wachsende Bäume wie Paulownia tragen neben der Wertholzproduktion zur CO2-Fixierung bei.

Die Nachhaltigkeit bzw. der low-input Charakter der mehrjährigen Biomassepflanzen hängt dabei jedoch von der weiteren Nutzung ab. Die Abfuhr von grünem Pflanzenmaterial zur Biogasproduktion transportiert Nährstoffe aus dem System und speichert CO2 nur kurzfristig. Alternative Nutzungsformen mit bereits abgereiftem, nährstoffarmen Material sind daher deutlich nachhaltiger. Beispielsweise kann die Verwendung in Baustoffen und Verpackungen oder die Integration in eine Kaskadennutzung über mehrmalige Verwendung als Pflanzesubstrat, CO2 sehr viel langfristiger konservieren.

Miscanthus
© Katharina Luhmer
Eine Wissenschaftlerin und ein Wissenschaftler arbeiten hinter einer Glasfassade und mischen Chemikalien mit Großgeräten.
© INRES Nawaro

Ökosystemare Dienstleistungen

Neben dem hohen Speicherpotential für CO2 erfüllen mehrjährige Biomassepflanzen eine Reihe weiterer Ökosystemfunktionen.

Für den Anbau benötigen sie kaum Wasser und meist keine Düngung oder Pflanzenschutzmaßnahmen. Durch den Biomasseaufwuchs und den Verbleib von Biomasse auf dem Feld (bspw. Laubfall bei Paulownia) wird auch der Humusaufbau und die Bodenfruchtbarkeit gefördert.

Zudem bieten sie Schutzraum und Nahrungsressource für verschiedenste Tiergruppen (s. Biodiversität)

Biodiversität

Am CKA wird bedingt durch die Eigenschaft des Versuchsstandortes eine Vielzahl an Kulturen angebaut. Neben klassischen Feldfrüchten erweitern auch Sonderkulturen und Nachwachsende Rohstoffe die Fruchtfolge.

Dies führt dazu, dass ein fast durchgängiges Blütenangebot für Insekten geschaffen wird, was mit der Obstblüte im Frühjahr beginnt und mit der Blüte der Silphie im Spätherbst endet. Das Nektar- und Pollenangebot für Insekten wird besonders durch die Arznei- und Gewürzpflanzen bereichert, bspw. durch Fenchel, Mohn, Anis oder Kümmel.

Die dichten Bestände von Silphie und Miscanthus, sowie diverse Feldgehölze und Baumreihen bieten kleineren und größeren Wildtieren Schutz. Zudem dienen die älteren Betriebsgebäude für Turmfalken, Schwalben und Fledermäuse als Behausung.

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© Hanna Blum

Insekten Schaugarten

Direkt am Verbindungsweg zwischen Campus Nord und Süd wurde ein Schaugarten errichtet, der Habitat für verschiedene Insektengruppen, insbesondere die der Wildbienen, ist. Die verschiedenen Lebensweisen der Wildbienen werden durch offene Ruderalflächen, Steinmauern, Totholzecken oder Feuchtbiotope nachgebildet und stehen Modell für großflächigere Maßnahmen, die Bürger*innen und Landwirt*innen bei sich umsetzen können, um die Biodiversität zu fördern. Beschilderungen und Flyer bieten die Möglichkeit, sich tiefergehend mit der Thematik vor Ort und zu Hause auseinanderzusetzen.

Zusätzlich stehen am CKA verteilt mehrere "Insektenhotels", die unter anderem aus Studienprojekten entstanden sind und Habitate für diverse Wildbienen u.a. bereitstellen.

Transfer in die Region

Die Umsetzung vieler Projektergebnisse in die Praxis erfolgen unter anderem im bio innovation park Rheinland e.V. und haben somit auch eine große Strahlkraft in die Region.

Ein Beispiel ist die "Workbox", ein Demonstrationsprojekt für das Bauen mit Nachwachsenden Rohstoffen, was in Zusammenarbeit von Uni Bonn, Alanus Hochschule und der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg im bio innovationpark errichtet wurde. Als Baumaterialen wurden hier haupsächlich Miscanthus und Paulownia eingesetzt.

Ebenso wird die am Campus selektierte „Meckenheimer Apfelminze“ regional von der Firma TeeGeschwender vermarktet, wobei die Verpackung aus Pflanzenfasern hergestellt wird.

Darüber hinaus sind viele Maßnahmen am CKA für Interessierte, auch an Wochenenden, erlebbar. So weist der CKA teilweise begrünte Dächer auf den Neubauten auf, oder lädt zum Verweilen im Schaugarten zur Artenvielfalt oder im blühenden Arzneipflanzengarten ein.

Eine Wissenschaftlerin und ein Wissenschaftler arbeiten hinter einer Glasfassade und mischen Chemikalien mit Großgeräten.
© Volker Lannert

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